Vollstreckung angeordneter Ordnungshaft durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gehindert

Wurde vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ersatzweise Ordnungshaft angeordnet, ist diese auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahren weiterhin vollstreckbar

BGH, Urteil vom 18.12.2018 – I ZB 72/17

Sachverhalt:

Der Schuldner ist Vorstand einer Gesellschaft.

Auf Antrag einer Gläubigerin erließ das LG Stuttgart im Mai 2014 gegen die Gesellschaft eine einstweilige Verfügung. In dieser wurde ihr untersagt, ihre Beteiligung an der Planung und Entwicklung eines Oldtimerzentrums zu bewerben. Für den Fall einer Zuwiderhandlung wurde ein festzusetzendes Ordnungsgeld und im Falle der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft, gegenüber dem Schuldner in seiner Stellung als Vorstand, angedroht.

Wegen Zuwiderhandlungen wurde gegen die Gesellschaft in der Zeit von Dezember 2014 bis April 2015 mehrfach Ordnungsgelder, ersatzweise Ordnungshaft festgesetzt.

Am 29.01.2016 wurde das Insolvenzverfahren sowohl über das Vermögen der Gesellschaft, als auch über das Vermögen des Schuldners eröffnet.

Der Schuldner begehrt die Feststellung, dass die Ordnungsgeldbeschlüsse nicht mehr durch Ordnungshaft vollstreckbar sind.

Entscheidung:

Auf die Beschwerde des Schuldners wurde die Länge der Ordnungshaft um die Hälfte reduziert. Diese Entscheidung stützte das Gericht auf den Umstand, dass mittlerweile über das Vermögen der Gesellschaft, wie auch über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die verbleibende Ordnungshaft von nunmehr 170 Tagen müsse durch den Schuldner angetreten werden, da eine unbillige Härte i.S.d. Art. 8 II EGStGB nicht vorliege. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens habe auch nicht zu einer Unterbrechung des, gegen den Schuldner gerichteten Vollstreckungsverfahrens geführt. Die Parteien würden hier nicht um die Pflicht des Schuldners zur Zahlung des Ordnungsgeldes streiten, bei der es sich um eine Insolvenzforderung handle und das Verfahren dann mit Insolvenzeröffnung nach § 240 ZPO unterbrochen worden würde. Im vorliegenden Fall gehe es um die Vollstreckung von ersatzweise angeordneter Ordnungshaft.

Die Ordnungshaft aus den Beschlüssen aus Dezember 2014 und Februar 2015 sei jedoch nicht mehr vollstreckbar, da hier die Verjährung der Vollstreckung nach Art. 9 II EGStGB eingetreten sei.

Bedeutung für die Beratungspraxis:

Mit dem Urteil macht der BGH deutlich, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Vollstreckung von ersatzweise angeordneter Ordnungshaft nicht entgegensteht. Zahlt der Schuldner ein gegen ihn festgesetztes Ordnungsgeld nicht, wird gegen ihn ersatzweise eine Ordnungshaft angeordnet. Diese ist auch nach Insolvenzeröffnung weiterhin vollstreckbar. Die Anordnung einer Ordnungshaft verstößt auch nicht gegen das Vollstreckungsverbot des § 89 InsO. Die Vorschrift regelt die Vollstreckung wegen Geldforderungen und ist bei der Vollstreckung einer Ordnungshaft nicht anwendbar. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt auch keine unbillige Härte nach § 8 II EGStGB dar, wonach die Vollstreckung unzulässig wäre. Für die Annahme einer unbilligen Härte müssten weitere Umstände hinzutreten.

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