Informationen für die Beratung von Menschen mit Migrations- und/oder Fluchtgeschichte

In den vergangenen Jahren sind vielfältige Informationsmaterialien und –medien von Schuldnerberatungsstellen und den Verbraucherzentralen entstanden, die Flüchtlingen, sowie ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden in der Flüchtlingsarbeit, Hilfestellungen in Ihrem Alltag und bei finanziellen Schwierigkeiten bieten. Wir haben einige dieser Materialien in einer Sammlung nach Themen zusammengestellt und durch eigene Informationen ergänzt.

Die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein stellt auf Ihrer Webseite eine Broschüre „Gut zu wissen – Informationen für Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe“ zur Verfügung. Hier werden in deutscher Sprache Helferinnen und Helfer über Verträge, Girokonten, Handy- und Internetverträge, Versicherungen, Sozialleistungen, Wohnungen und die Schuldnerberatung informiert. Die Broschüre finden Sie auf der Seite der Koordinierungsstelle (hier).

Die Landesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung Hessen bietet seit längerem Informationsflyer in verschiedenen Sprachen zu den Themen Wohnungssicherung, Energiesicherung, P-Konto, Recht auf ein Girokonto, Einkommenspfändung, Vermögensauskunft und Sachpfändung, Verbraucherinsolvenzverfahren, Mahnungen-Drohbriefe-Telefonterror, gerichtliches Mahnverfahren in verschiedenen Sprachen an (u. a. in Arabisch, Englisch, Persisch/Farsi). Eine Übersicht zu den verschiedenen Flyern und der verschiedenen Sprachen finden Sie auf der Seite der LAG-Hessen (hier).

Die Verbraucherzentrale informiert darüber hinausgehend in verschiedensprachigen Flyern und Videos mit Untertiteln in den Sprachen Englisch, Arabisch und Farsi zu den Themen „Erste eigene Wohnung“, private Haftpflichtversicherung, Bankkonto, Schufa und Inkasso, Handyverträge u.v.m. Sie finden die Flyer der Verbraucherzentrale hier und die Videos über folgendem Link.

 

Alice-Salomon-Hochschule Berlin-Forschungsbericht:

 

Juraforum.de - Ratgeber für Flüchtlingshelfer und -betreuer:

Finden Sie einen Ratgeber für Flüchtlingshelfer und -betreuer. "Dieser Ratgeber richtet sich an die vielen Flüchtlingshelferinnen und -helfer in ganz Deutschland. Er beschreibt in einfachen Worten, was diese zum Thema Asyl in Deutschland wissen sollten. Zunächst einmal geht es um die Bedeutung und die Definition von Asyl, sodann um seine Geschichte und schließlich noch um den Ablauf eines Asylverfahrens und die Möglichkeiten von anerkannten Asylbewerbern. Wichtige Themen für anerkannte Asylbewerber sind vor allem die „Familienzusammenführung“ und das „Arbeiten in Deutschland“. Einen Mittelpunkt bilden auch die 14 praxisnahen kostenlosen Muster." (Juraforum.de)

Ablauf des Asylverfahrens

 

 

Der rechtliche Ablauf eines Asylverfahrens ist aufgrund der Fülle an Regelungen und der Vielzahl an einschlägigen Gesetzen schwierig vollständig zu erfassen. Erschwerend hinzu kommt, dass zahlreiche Gesetzestexte in jüngster Vergangenheit überarbeitet bzw. neu gefasst wurden. 

Grundsätzlich gestaltet sich ein Asylverfahren so, dass Menschen aus Drittstaaten nach Deutschland einreisen. Bei der zuständigen Behörde stellen sie einen Antrag auf Gewährung von Asyl und erhalten von der Behörde im ersten Schritt die sogenannte Aufenthaltsgestattung. Dabei stellt diese den ersten Aufenthaltsstatus dar, während der Asylantrag bearbeitet wird.

Im nächsten Schritt findet die sogenannte Anhörung statt, in welcher der Geflüchtete seine Lebensgeschichte und die Umstände der Flucht darlegen muss. 

Auf deren Grundlage ergeht eine Entscheidung. 

Wird der Antrag auf Gewährung von Asyl abgelehnt, wird dem Geflüchteten ein Duldungsstatus verliehen oder er wird zur Ausreise verpflichtet, die dann zwangsweise durch eine Abschiebung durchgesetzt werden kann. Wird sein Antrag auf Asyl anerkannt erhält er eine Aufenthaltserlaubnis.

Leistungen für Geflüchtete

Welche öffentlich-rechtlichen Leistungen ein Geflüchteter in Deutschland in Anspruch nehmen kann richtet sich nach dem jeweiligen Aufenthaltsstatus. 

In der Zeit während des Asylverfahrens können Geflüchtete Leistungen nach dem AsylbLG in Anspruch nehmen. Diese Leistungen werden vorrangig als Sachleistungen erbracht, sind jedoch keine Sozialleistungen i.S.d. Sozialgesetzbuchs im formalen Sinne, da sie nicht im SGB I aufgenommen worden sind. Sie richten sich als öffentlich-rechtliche Leistungen somit nach den allgemeinen Verwaltungsvorschriften des VwVfG und der VwGO.  Leistungsberechtigte sind nach §1 I AsylbLG Ausländer, welche sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten.

Nach einem 18monatigen Aufenthalt in Deutschland haben Geflüchtete Anspruch auf Analogieleistungen nach § 2 AslybLG, die sich an den Regelungen des SGB XII orientieren. 

Inwiefern ein Geflüchteter am Wirtschaftsleben teilnehmen kann, welche Möglichkeiten er hat um Geld zu verdienen und dieses durch Abschluss von Verträgen wieder weiter zu investieren, richtet sich nach seinem Aufenthaltsstatus.

Wichtiger Bestandteil für die Teilhabe am Wirtschaftsleben ist die Möglichkeit der Teilnahme am Arbeitsleben.

Nach dem AsylbLG können Geflüchtete innerhalb der ersten drei Monate (§ 5a AsylbLG) kleine Arbeitsgelegenheiten oder Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen (FIM) wahrnehmen. Hierfür erhalten sie jedoch kein Entgelt, sondern lediglich eine Mehraufwandsentschädigung, die mit den 1 Euro Jobs im Rahmen der Eingliederungsmaßnahme des Jobcenters vergleichbar ist. Nur in besonderen Fällen kann dem Geflüchteten auch innerhalb der ersten drei Monate eine Erlaubnis zur Arbeitsaufnahme erteilt werden. 

Drei Monate nach der Ankunft ergibt sich für Geflüchtete auch die Möglichkeit als Arbeitnehmer tätig zu werden oder eine Ausbildung zu beginnen, § 61 II AsylG. Es gilt jedoch die Einschränkung, dass diese Tätigkeiten erst durch die Ausländerbehörde und der Bundesagentur für Arbeit durch Prüfung der Arbeitsbedingungen, genehmigt werden müssen.

Eine uneingeschränkte Arbeitsaufnahme ist ab Anerkennung des Asyls, bzw. mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 4 AufenthG möglich. 

§ 31 S. 2 ZKG nennt explizit die Möglichkeit der Einrichtung eines Basis-Kontos für Asylsuchende, sowie für Personen ohne Aufenthaltstitel. Voraussetzungen hierfür sind die Antragstellung bei einer Bank und ein Identitätsnachweis, der auch durch eine Duldungsbescheinigung (§ 60 a IV AufenthaltsG) oder einen Auskunftsnachweis (§ 63a AsylG) erbracht werden kann. Neben dem Anspruch auf Einrichtung eines Basiskontos ist es Geflüchteten somit auch möglich ein Pfändungsschutzkonto zu eröffnen. 

Weitere Informationen der Verbraucherzentrale zu den Themen Konto und Kontoeröffnung finden Sie hier:

Girokonto

Vor- und nach der Kontoeröffnung (Deutsch/Englisch/Arabisch/Farsi/Russisch)

Video

Bankkonto - Verbraucherzentrale Bundesverband

Hier finden Sie Informationen zum Thema Smartphone, Handy und Internet.

Videos des Verbraucherzentrale Bundesverbands zu:

Checkliste der Verbraucherzentrale 

Informationsmaterial

Video (arabisch/englisch/persisch/deutsch) des Verbraucherzentrale Bundesverbands

Videos von WebiTipp der Verbraucherzentrale

Informationen zum Rundfunkbeitrag für Geflüchtete finden Sie hier:

Zu einer Teilnahme am Wirtschaftsleben zählt auch das Abschließen von Verträgen. Voraussetzung hierfür ist die Geschäftsfähigkeit nach §§ 104 ff. BGB. Zu beachten ist jedoch, dass es eventuell einer Absprache mit zuständigen Behörden bedarf, falls der Geflüchtete Sozialleistungen bezieht. So kann es beispielsweise zu Einschränkungen bezüglich der Residenzpflicht oder Wohnsitzauflage kommen.

Möglichkeiten der Vertragsauflösung: 

Eine Anfechtung wegen beispielsweise fehlender Deutschkenntnisse und einem dadurch unzureichenden Verständnis des Vertragsinhaltes ist grundsätzlich nicht möglich. Es liegt nämlich kein Irrtum des Geflüchteten im Sinne des § 119 BGB vor. Auch eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 I BGB ist an hohe Hürden geknüpft.

Sowohl ein Rücktritt als auch eine Kündigung aus wichtigem Grund kommt bei Dauerschuldverhältnissen auch nur dann in Betracht, wenn der Vertragspartner seine Sorgfaltspflichten verletzt, also etwa die Aufklärung und das richtige Informieren. Eine Sorgfaltspflichtverletzung kann also nur dann angenommen werden, wenn der Vertragspartner missbräuchlich die Situation ausnutzt, um den Geflüchteten zu einem nachteiligen Vertragsschluss zu verleiten.

Somit bleibt als einzige Lösungsmöglichkeit der Widerruf. Steht also einem Geflüchteten ein Widerrufsrecht zu, wie etwa bei sogenannten Haustürgeschäften oder Fernabsatzverträgen (z.B. Bestellungen im Internet), kann dieser sich innerhalb der Widerrufsfristen wirksam vom Vertrag lösen.

Verbraucherzentrale BW:

 

 

Verbraucherzentrale Niedersachsen:

WEBiTIPP der Verbraucherzentrale

Videos des Verbraucherzentrale Bundesverbands

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:

Geflüchtete im Verbraucherinsolvenzverfahren

Grundsätzlich knüpft das Insolvenzverfahren in Deutschland nicht an die Nationalität eines Schuldners oder seinen Aufenthaltsstatus an. Dies ergibt sich schon aus Artikel 3 Absatz 1 Satz 1 der EU Verordnung 2015/848. Danach ist das Insolvenzgericht des Mitgliedstaates zuständig, in dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner Interessen hat.

Auch die nationale Regelung knüpft lediglich an die Insolvenzfähigkeit einer Person nach § 11 InsO an. Danach kann ein Insolvenzverfahren über das Vermögen jeder natürlichen oder juristischen Person eröffnet werden. Daher sind auch ausländische natürliche Personen in Deutschland nach deutschem Recht insolvenzfähig.

Zuständiges Insolvenzgericht:

Des Weiteren stellt sich die Frage, ob ein deutsches Insolvenzgericht international zuständig ist. Zwar trifft die EUInsO hierzu eine Regelung, diese betrifft jedoch nur EU-Mitgliedsstaaten. Anknüpfungspunkt ist somit § 3 InsO. Danach ist örtlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hierbei begründet die örtliche Zuständigkeit auch die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte (sogenannte Doppelfunktionalität).

Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich primär nach dem inländischen Wohnsitz, also dem räumlichen Mittelpunkt der Lebensverhältnisse einer Person. Voraussetzung ist der Wille der Person, sich an diesem Ort niederzulassen und den Ort zum Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse machen zu wollen. Die Begründung eines Wohnsitzes richtet sich auch nicht nach rechtlichen Umständen, wie einer Meldeanschrift. Sie kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine rechtliche Aufenthaltserlaubnis gegeben ist. Erst wenn einer Person endgültig kein Aufenthaltsstatus genehmigt wurde kann auch kein Wohnsitz mehr begründet werden.

Insolvenzmasse: 

Zur Erfassung und Verwertung der Insolvenzmasse wird § 35 I InsO herangezogen. Danach gehört zur Insolvenzmasse das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt. Der Ort des Vermögens spielt keine Rolle, sodass auch ausländisches Vermögen vom Insolvenzbeschlag umfasst ist. Gleiches gilt für die Insolvenzgläubiger.

Restschuldbefreiung: 

Die angestrebte Restschuldbefreiung gilt gem. § 38 InsO gegenüber allen inländischen und ausländischen Insolvenzforderungen und Insolvenzgläubigern. EU-Mitgliedsstaaten erkennen eine in Deutschland erteilte Restschuldbefreiung  nach Art.20 EUInsVO an. Die Anerkennung einer Restschuldbefreiung außerhalb der EU Mitgliedstaaten kann nur anhand der dort geregelten Vorschriften für jeden Drittstaat einzeln beantwortet werden. Eine in einem Drittstaat erteilte Restschuldbefreiung wird in Deutschland grundsätzlich anerkannt. Ausnahmen ergeben sich nur dann, wenn eine Unvereinbarkeit mit deutschem Recht bestehen würde.

Auswirkungen auf den Aufenthaltsstatus:

Schulden oder das Durchlaufen eines Insolvenzverfahrens eines Geflüchteten wirken sich grundsätzlich nicht negativ auf den Aufenthaltsstauts aus.

Jedoch wird die Behörde gem. § 5 AufenthG und § 2 III AufenthG  im Rahmen der Prüfung auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis prüfen, ob der Lebensunterhalt des Flüchtlings gesichert ist. Voraussetzung ist, dass der Lebensunterhalt ohne die Inanspruchnahme von öffentlichen Mitteln bestritten werden kann. Schulden oder die Privatinsolvenz können im Zweifel ein Indiz dafür sein, dass jemand seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Dies gilt spätestens für den Zeitpunkt in dem er Sozialleistungen beantragen muss. Es könnte also eine mittelbare Auswirkung auf den Aufenthaltsstatus haben.