Gebührensatz für die Forderungsbeitreibung durch Masseninkasso

Wird eine Forderung durch mechanische, standardisierte Schreiben im Rahmen eines Masseninkassos beigetrieben, können hierfür nur Kosten in Höhe einer 0,3-fachen Gebühr erhoben werden.

BGH, Urteil vom 14.03.2019 – 4 StR 426/18

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall waren zwei Rechtsanwälte angeklagt, die mit den Geschäftsführern von einem Inkassounternehmen zusammenarbeiteten, die massenhaft Kleinforderungen beitrieben. Ihnen wurde zur Last gelegt, dass sie in den Jahren 2009 bis 2011 in Forderungsschreiben an Schuldner Inkassokosten und Rechtsanwaltsgebühren als Verzugsschaden der Gläubiger in Rechnung stellten, obwohl diese Gebühren nicht angefallen seien. Die Angeklagten handelten bei der Geltendmachung der Forderung immer nach gleichem Verfahren. Es wurde ein erstes Mahnschreiben an den Schuldner versandt, unter Auflistung der Hauptforderung, Verzugszinsen und Inkassokosten von 57 €. Den Schuldnern wurde eine zweiwöchige Zahlungsfrist eingeräumt, unter gleichzeitiger Androhung, den Vorgang nach fruchtlosem Ablauf der Frist an die Rechtsanwälte zu übergeben. Erfolgte seitens der Schuldner keine Reaktion, wurde automatisiert eine zweite Mahnung verschickt. Die Rechtsanwälte stellten den Schuldnern infolgedessen einen zusätzlichen Verzugsschaden, sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höher einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr in Rechnung.

Entscheidung:

Der BGH verurteile die Angeklagten wegen Betrugs. Den Schuldnern sei durch die Handlungen der Angeklagten ein Schaden entstanden. Der geltend gemachte Erstattungsanspruch gegen die Schuldner habe nicht voller Höhe bestanden. Die Angeklagten hätten allenfalls eine Geschäftsgebühr für ein einfaches Schreiben mit einem Gebührensatz von 0,3 (Nr. 2301 VV der Anlage 1 zu § 2 Absatz 2 RVG) anstelle der geforderten 1,3-fachen (Nr. 2300 VV) Geschäftsgebühr erheben können. Anspruch auf Erhebung einer 1,3-fachen Gebühr habe ein Rechtsanwalt, der eine Forderung seines Mandanten überprüfe, seinen Auftraggeber berate und die Forderung außergerichtlich durchsetze. Beschränke sich der ihm erteilte Auftrag aber dahingehend, ein Schreiben einfacher Art zu erstellen, das weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen erfordere, stehe ihm lediglich eine 0,3-fache Geschäftsgebühr zu. Maßstab für die Beurteilung der Art der Arbeit sei hierbei nicht die Tätigkeit des Rechtsanwalts nach außen, sondern der Inhalt des ihm erteilten Auftrags. Vorliegend habe sich die Tätigkeit der angeklagten Rechtsanwälte auf die Erstellung und Versendung einfacher anwaltlicher Standardschreiben beschränkt. Insbesondere habe keine anwaltliche Prüfung der Forderungen stattgefunden. Vielmehr falle auch das Erstellen eines Musterschreibens für zukünftige Mahnungen unter die niedrigere Gebühr der Nr. 2301. Eine anwaltliche Tätigkeit müsse von einer reinen Inkassotätigkeit abgegrenzt werden. Letztere sei vor allem dann anzunehmen, wenn die Aufgabe eines Rechtsanwalts, rechtlichen Beistand zu leisten, so in den Hintergrund trete, dass von einer reinen Inkassotätigkeit auszugehen sei.

Bedeutung für die Beratungspraxis:

Das Urteil des BGH hat nur eine mittelbare Bedeutung für die Beratungspraxis. Den Ausführungen lässt sich jedoch entnehmen, dass sich der BGH eingehend mit der Frage beschäftigt hat, wie hoch die angemessenen Kosten für eine Forderungsbeitreibung durch standardisiertes Masseninkasso sein dürfen. Er ist in diesem Fall zu dem Ergebnis gekommen, dass für die Erhebung von Gebühren die ausschließlich durch automatisiertes Inkasso verfolgt werden, keine Gebühr nach Nr. 2300 in Höhe des 1,3-fachen Satzes verlangt werden darf. Derjenige, der dennoch einen Verzugsschaden mit erhöhter Gebühr berechnet kann sich strafrechtlich wegen Betrugs angreifbar machen.

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