Zulässigkeit eines isolierten Antrags auf Restschuldbefreiung bei nicht vollständiger Aufklärung durch das Gericht

Das Insolvenzgericht hat die Pflicht den Schuldner durch ausreichenden und verständlichen Hinweis über die konkreten Folgen der Fristversäumnis zu belehren.

LG Frankenthal, Beschluss vom 19.03.2019 – 1 T 5/19

Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 16.03.2018 beantragte ein Gläubiger des Schuldners die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom 03.04.2018 wurde dem Schuldner folgender Hinweis erteilt: „Der Schuldner wird darauf hingewiesen, dass er einen Restschuldbefreiungsantrag stellen kann. Dieser setzt einen eigenen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, der spätestens bis zum Zeitpunkt der Eröffnung zu stellen ist. Das Gericht setzt dem Schuldner eine Frist zur Stellung des Eigenantrags binnen drei Wochen. Der Restschuldbefreiungsantrag ist spätestens zwei Wochen nach Stellung des Eigenantrags bei Gericht einzureichen.“ Der Beschluss wurde dem Schuldner am 10.04.2018 zugestellt. Am 12.07.2018 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 28.08.2018 stellte der Schuldner einen eigenen Insolvenzantrag, einen Antrag auf Restschuldbefreiung und einen Antrag auf Stundung der Verfahrenskosten. Das Insolvenzgericht wies die Anträge als unzulässig zurück, mit der Begründung, dass mangels vor Verfahrenseröffnung gestelltem Eigenantrag eine Entscheidung zugunsten des Schuldners nicht ergehen könne. Mit der Beschwerde wandte sich der Schuldner gegen die Ablehnung seiner Anträge auf Restschuldbefreiung und Verfahrenskostenstundung.

Entscheidung:

Die Beschwerde hatte Erfolg. Der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung sei nicht deshalb unzulässig, weil ein Antrag eines Gläubigers zur Insolvenzeröffnung geführt habe. Der Antrag auf Restschuldbefreiung sei im vorliegenden Fall ausnahmsweise als isolierter Antrag zulässig, da das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Möglichkeit der Restschuldbefreiung und deren Voraussetzungen nicht ausreichend hingewiesen habe. Dies folge vor allem aus der Überlegung, dass ein fehlerhafter Hinweis des Gerichts nicht zum Nachteil des Schuldners gereicht werden könne und so dessen Recht auf rechtliches Gehör verletzt werde. Der Hinweis des Gerichts sei unzureichend, da nicht ausreichend über die Folgen einer Fristversäumnis aufgeklärt worden sei. Der Hinweis müsse klar verständlich, vollständig und auch für einen juristischen Laien begreiflich sein. Dies umfasse auch die ausreichende Aufklärung über die Folgen einer Fristversäumnis, wie den Zeitpunkt des Fristablaufs und das Antragserfordernis. Im Übrigen müsse auch über die Folgen eines unterbliebenen Eigenantrags, wie den Ausschluss von der Möglichkeit des Restschuldbefreiungsverfahrens, belehrt werden. Dies solle verhindern, dass eine rechtsunkundige natürliche Person die Chance der Restschuldbefreiung verliere. Eine ausreichende Belehrung über die Folgen eines unterlassenen Eigenantrags enthalte der Hinweis des Insolvenzgerichts nicht. Dem rechtsunkundigen Schuldner sei aufgrund des Hinweises nicht klar, dass nach Fristablauf und Insolvenzeröffnung ein Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung unzulässig sei. Somit müsse der Antrag auf Restschuldbefreiung zulässig sein und infolgedessen könne auch der Antrag auf Verfahrenskostenstundung nicht mangels Restschuldbefreiungsantrags abgelehnt werden.

Bedeutung für die Beratungspraxis:

Der Entscheidung des LG Frankenthal lassen sich die Bestandteile eines vollständigen und ausreichenden Hinweises des Insolvenzgerichts gegenüber dem Schuldner entnehmen. Bei Fehlerhaftigkeit des gerichtlichen Hinweises ist die Fristversäumnis des Schuldners zu entschuldigen.

 

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