Das Kreditinstitut als Hinterlegungsstelle trifft eine Warnpflicht bei insolvenzzweckwidrigen Verfügungen des Insolvenzverwalters, soweit sich diese in objektiver Weise aufdrängen.
BGH, Urteil vom 07.02.2019 – IX ZR 47/18
Sachverhalt:
Der vorläufige Insolvenzverwalter eröffnete bei der B-Bank ein Rechtsanwalt-Anderkonto, von dem er sich Gelder auf sein Kanzleikonto überwies und das Geld veruntreute. Im Protokoll über den Berichts- und Prüftermin des Insolvenzgerichts wurde nur festgestellt, dass eine Hinterlegungsstelle bei der B-Bank eingerichtet wurde. Das Protokoll wurde nicht veröffentlicht. Die B-Bank erfuhr hinsichtlich der Feststellung als Hinterlegungsstelle nichts. Nachdem die Veruntreuungen aufgedeckt wurden, wurde der Kläger zum neuen Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger nimmt die B-Bank auf Rückzahlung des Überweisungsbetrags in Anspruch.
Entscheidung:
Aus dem Protokoll der Gläubigerversammlung lasse sich entnehmen, dass eine Hinterlegungsstelle bei der B-Bank eingerichtet worden sei, dies stelle jedoch keine förmliche Beschlussfassung dar. Zudem treffe die Hinterlegungsstelle keine besonderen Pflichten zum Schutz der Insolvenzmasse oder der Insolvenzgläubiger. Insbesondere gebe es keine insolvenzrechtliche Norm, die der Hinterlegungsstelle die Pflicht aufbürde, Verfügungen des Insolvenzverwalters zu überprüfen und ggfs. mit dem Insolvenzgericht abzuklären. § 149 InsO lasse sich entnehmen, dass der Gläubigerausschuss die Möglichkeit habe, darüber zu bestimmen, bei welcher Stelle eine Hinterlegungsstelle eingerichtet werden soll und welche Befugnisse dem Insolvenzgericht insoweit zukommen. Besondere Pflichten seien dieser Vorschrift jedoch nicht zu entnehmen.
Allerdings treffe ein Kreditinstitut eine Warnpflicht, wenn evidente Verdachtsmomente gegeben seien, dass ein Kunde zum Schaden eines anderen Kunden eine Veruntreuung begehe. Dies könne dann gegeben sein, wenn der Insolvenzverwalter insolvenzzweckwidrig Zahlungen in Auftrag gebe und sich begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen müssten. Dies verpflichte eine Bank jedoch nicht Kontobewegungen allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte zu überwachen. Eine Überprüfungspflicht bestehe, wenn sich bei der normalen Bearbeitung massive Verdachtsmomente aufdrängten und der Bank zudem bekannt sei, dass sie zur Hinterlegungsstelle bestimmt worden sei. Für den vorliegenden Fall lehnte das Gericht eine solche Warnpflicht ab.
In dem Urteil erklärte der BGH weiterhin, dass die Einrichtung eines Anderkontos durch den Insolvenzverwalter als Insolvenzkonto unzulässig und pflichtwidrig sei. Dies ergebe sich daraus, dass anstelle der Masse selbst der Insolvenzverwalter als Berechtigter ausgewiesen sei und somit die Insolvenzmasse in sein Vermögen überleite. Es sei erforderlich, dass der Insolvenzverwalter ein Sonderkonto auf seinen Namen mit der zusätzlichen Bezeichnung des Kontos für die Insolvenzmasse einrichte.
Bedeutung für die Beratungspraxis:
In dem Urteil wird verdeutlicht, dass die Bank als Hinterlegungsstelle keine besonderen Pflichten zum Schutz der Insolvenzmasse treffen. Hierfür fehle die gesetzliche Grundlage. Der BGH stellt mit diesem Urteil klar, dass für die Verwaltung der Insolvenzmasse die Einrichtung eines Anderkontos nicht ausreicht. Der Insolvenzverwalter ist somit verpflichtet, ein Sonderkonto einzurichten um auch eine vertragliche Haftung der Hinterlegungsstellen begründen zu können.